Wartung

Gestern wollte ich etwas schreiben, doch ich wurde mit dem Webseiten- Hinweis auf Wartungsarbeiten abgehalten. Wartung-warten….. gibt es da einen Zusammenhang? Mein Warten hat vorerst ein Ende, aber auch nur, um das nächste Warten zu beginnen. Aber das hat wohl nix mit Wartung zu tun.

Der Befund der Blutuntersuchung auf Tumor-DNA ist da. Meine Onkologin vor Ort rief mich schon Montag vormittags an. Sie wusste ja, dass ich wie auf Kohlen saß. Danke, danke danke!! Ob die Nachrichten gut oder schlecht sind, war mir anfangs nicht klar, aber so wie sich der Nebel morgens im Herbst lichtet und es so ein schöner sonniger Tag wird wie heute, so lichtete sich das vermeintliche Wirrwarr und es wurde eine Nachricht über einen etwas komplizierteren Weg der Diagnostik und eine erleichternde Nachricht. Wobei letztlich nur die Wertung derselben in diese Kategorien einzuteilen ist, die Nachrichten selbst nicht.

Also: mein unerwünschter Lebensgefährte ist nicht frustriert bei Mutationsdruck in die übliche Mutation T790m mutiert, für die das Folgepräparat von meinem Medikament (Afatinib) zugelassen ist. Die bei mir bekannten beiden Mutationen sind aber im Blut nachweisbar. Das bedeutet, das der Tumor DNA ins Blut abgibt, also T790m tatsächlich nicht da ist. DNA wird ja nicht nur stückchenweise ins Blut sezerniert. Andernfalls hätte man ja spekulieren können, ob es nur nicht im Blut nachweisbar ist, da der Tumor nix ins Blut abgibt oder aber eben gar nicht existiert. Laut Labor besteht die Möglichkeit, weitere Mutationen in dem Blut zu suchen. Bzgl. der Kosten kommen sie uns gewaltig entgegen, da die Kassen das nicht zahlen. Dennoch ist es vierstellig für uns, aber es erspart mir eine operative Suche nach Tumormaterial.

Ich habe, d.h. wir haben natürlich sofort zugesagt. Mein Onkologe aus HH hatte mit mir telefoniert wegen des Befundes und weiteren Prozederes. Ich bin ihm und denen vom Labor unglaublich dankbar!!! T. natürlich auch. Die sind uns damals schon so entgegen gekommen, als es da Probleme gab mit der Kasse, die erstmal über die Notwendigkeit und das Verfahren etc. aufgeklärt werden wollten. Jetzt ist es zwar eine enorme finanzielle Last, aber das ist nichts im Verhältnis zur Operation, welche ja nicht so ohne wäre. Vermutlich hätte ich noch ganz alleine im Krankenhaus sein müssen, da wegen Corona ja wieder alles gesperrt wird.

Ich schlucke also das bekannte Mittel, allerdings in höherer Dosis seit zwei Wochen. Seltsamerweise bekommt es mir noch recht gut. Bauchschmerzen sind nur stundenweise und anfallsartig, der Durchfall beschränkt sich auf ein bis zweimal am Tag, Appetit ist noch gut, Hunger ist auch da und ich bin nicht so dauermüde und kaputt wie noch vor einigen Monaten. Die Behandlung in der Klinik für biologische Medizin hat da sicherlich ihren Beitrag zu getan, das es mir insgesamt viel besser geht. Und es wirkt es noch nach.
Aber ich will nichts beschreien. Mir geht es recht gut trotz höherer Dosis und das ist das wichtigste. Na fast….

Und wir warten auf den nächsten Befund. Da weiß ich gar nicht, was ich mir wünschen soll. Am besten wäre es, wenn gar keine weitere Mutation zu finden wäre. Dann habe ich nur zu wenig Afatinib eingenommen. Allerdings ging es mir mit der notwendigen hohen Dosis miserabel. Das ist irgendwie auch keine Alternative. Vielleicht ist ja die derzeitige Mitte gut.
Das wäre schön.
Ja, das wünsche ich mir.
Gute Idee.

Heute waren wir auf unserer Runde mal wieder bei den Pferden. Die Fotos sind eine kleine Abfolge….. Alaska kommt immer noch zu mir, wenn ich ihn rufe- es ist so schön und herzerwärmend. Ich freue mich so sehr darüber und das Schönste ist, das ich gar nicht mehr traurig bin, wenn ich ihn sehe. Er erkennt mich und schaut mir mit seinen dunklen Augen in die Seele und wir wissen, das wir noch verbunden sind.
Als T. im Sommer Brombeeren pflückte (öhm …. … ich hatte ihn gebeten, noch welche zu holen, damit die Gläser voll wurden, davor war ich zweimal alleine unterwegs), also als er dort bei den Brombeeren war und Alaska in Hörweite war, rief T. ihn. Sie kenne sich auch, fast so lange, wie ich Alaska kenne. Doch Alaska kam nicht auf sein Rufen hin, er geht also nicht einfach so los, wenn ihn jemand ruft, auch nicht ein sehr gut bekannter Jemand. Doch zu mir kommt er ….. immer ….
Ich bin so dankbar, dass ich die Zeit mit ihm hatte damals. Pferde sind wunderbare Lebewesen.

Hatte ich mal erwähnt, dass er ein sehr introvertierter Wallach ist? Und vor allem ein sehr energiesparender. Vor jedem Gang will ausführlich überlegt sein, ob der sich auch lohnt, insbesondere, wenn der Gang kein Gang ist sondern womöglich Trab oder wilder Galopp über die Koppel. Auch unterm Sattel möchte er immer gern mitentscheiden, was verständlicherweise, ob er sich bewegen muss oder nicht…. Aber wenn er will, d.h., wenn er motiviert werden konnte, dann ist es irre toll mit ihm. So sagt auch K. und ihre Tochter, mit welcher er jetzt sein Leben verbringt, wenn er denn mit Menschen zusammen ist. Mit Pferden muss er auch nicht zwingend, sehen reicht.

Als wir vorhin dort waren, hat er uns mit dieser seiner Art wieder sehr zum Lachen gebracht. Irgendetwas war los am anderen Ende der Koppel. Vermutlich ist ein Pferd neu dort. Alaska hob immerhin seinen Kopf und drehte sich zum besseren Sehen in die Richtung des Geschehens. „Hm…. da ist wohl was los. Alle fangen an zu rennen…“ Er ging einen Schritt, als alle anfingen zu galoppieren. „Ich guck mal, wo die alle hinrennen, dann kürze ich ab, falls ich hin muss.“ Wildes Gerenne und Ausschlagen der anderen Pferde kündigte das baldige Ende des Ganzen an und Alaska senkte seinen Kopf ins Gras. „Lohnt nicht, ich bleib hier.“
Auf dem unteren Bild ist noch ein galoppierendes Pferd zu erkennen.

Wir behalten somit genau wie mein kleiner bunter Schecke immer die Ruhe und genießen. T. hört nebenan wundervolle Filmmusik und ich werde mich jetzt dazu gesellen und weiter an einem Hut stricken. Den Pullover für P.´s Kumpel habe ich fertig.

Wir warten einfach.

Warten und Telefonieren

Heute hatte ich drei Telefonate, eins sehr wichtig und zwei sehr schön und auch wichtig.

Ein Telefonat war mit jeder Tochter. Also genaugenommen waren es natürlich zwei Telefonate, eins mit jeder von ihnen. Es tut so gut, sie zu hören. Vielleicht sehe ich sie auch bald. Ich freue mich drauf. Sehr sogar. Beide stehen aktiv im Leben. Mit Pferden und Studium und Ausbildung und Männern, die im Grunde aber noch Jungs sind.
Einer von beiden schlängelt sich etwas seltsam durchs Leben, aber das ist wohl sein Weg. Ich bin glücklich, das P. sich etwas abgekapselt und für sich entscheidet, wie ihr Studium weitergeht. Sie hat wirklich tolle Pläne. Heute wird sie ihn heute noch einmal dran erinnern, sich einzuschreiben, aber sie wird sich nicht mit ihm hinsetzen und die Anmeldung für die Module machen. Offenbar hat sie das schon einmal gemacht. Er baut aktuell eine Shop auf, vielleicht ist das gut für ihn, ich kann das nicht beurteilen. Ich kenne den jungen Mann im Grunde nur aus ihren Erzählungen und wenigen Stunden Spaziergang bei ihnen. Es ist ohnehin seine Sache. Zumeist macht er unser Kind glücklich und das ist mir aktuell das Wichtigste für sie, jedenfalls in Bezug auf ihn. Das Allerwichtigste ist, dass sie ihren und nicht irgendjemandes Weg geht und das tut sie.
Genauso wie ihre Schwester.
Deren Freund ist etwas älter als der andere Knabe, aber erwachsen sein ist dennoch anders, wobei ich mir oft die Frage stellte, was genau heißt das eigentlich, erwachsen zu sein. Einiges in mir ist immer noch Kind und das finde ich auch sehr gut, es hielt mir den Blick für vieles offen. Wann war ich erwachsen, wann habe ich mir gesagt, Gesa, jetzt bist du wohl endlich erwachsen. Ein Küken war ich definitiv nicht mehr….. Der besagte Freund jedenfalls weiß mittlerweile auch, was er will und lebt dieses jetzt, was unsere ältere Tochter deutlich glücklicher macht als das Geeiere zuvor.

Glück ist wichtig. Und Dankbarkeit.

Die Ältere hat jetzt schon Semesterbeginn. Wieder online natürlich. Eigentlich sollte die Vorlesung etwas 15 Minuten nach meinem Anruf losgehen, aber es startete nichts. Wir telefonierten stattdessen lange.
Online ist so eine Sache. Mal klappt es, mal nicht.
Vor allem sind aber alle Studenten alleine (korrekterweise heißt es wohl Studierenden, das * und große I wurde wieder gekippt oder wie ist die gendergerechte Schreibweise? Also Studenten sind für mich alle, fertig. Schwachsinn, das alles. Studierendenwohnheim – ob das jemand im wahren Leben so sagt?)
Die Jüngere startet erst im November. Semesterbeginn im November! Echt schräg, aber wir leben ja im Föderalismus. Das macht alles komplexer, ob auch besser, wage ich nicht zu beurteilen. Hauptsache, wir finden irgendwann auch gemeinsam Zeit miteinander. Aktuell ist das schon kompliziert genug. Wie gehen wir nun damit um, das P. in einem Hotspot von Corona wohnt bzw. diesen per Zug durchqueren müsste und sich auch nicht so richtig isolieren kann dort? Wir haben nicht so richtig eine Idee …… aber sich deshalb nicht sehen? Wer weiß, wie lange ich noch lebe, da kann uns doch dieses Sche…. virus nicht in dieser Zeit auseinander bringen.
Gegen Grippe bin ich jedenfalls seit Montag geimpft. Also seit gestern.

Ich warte.
Wieder einmal.
Auf den Befund.
Aber nicht wie Häschen in der Kuhle, sondern außerhalb selbiger Kuhle, die bei mir in der Couchecke ist.
Ich war schon im Garten und habe gegossen. Kübelpflanzen brauchen ohnehin gelegentlich Wasser und auch unsere neue Zaubernuss. Aber es ist insgesamt zu trocken. So habe ich viele Gießkannen voll aus dem Regenwassertonne auf bedürftige Pflanzen wie Rhododendron und die Gräser unterm Dach, aber auch die Johannisbeeren etc. verteilt. Für den Fall, dass es doch mal richtig regnet, können wieder einige Liter in die Tonne hinein.
Somit habe ich schon etwa 1300 Schritte heute geschafft. Weitere werden folgen.

Und ich habe etwas an meinem Buch geschrieben. Geändert und ergänzt. Hatte ich erzählt, dass ich an einem Buch schreibe? Ein ganzes Jahr habe ich es nicht angefasst, doch nun beginne ich erneut. Ich überarbeite und ergänze die vorhandenen Kapitel. In Gedanken weiß ich genau, was folgt, doch ganz so leicht ist es nicht, das auch so aufzuschreiben, dass die Leute später Lust haben, es zu lesen. Na mal sehen, vielleicht klappt es ja.

Heute früh kam ein Anruf bzgl. einer eventuellen Biopsie. Ich werde nachher noch alles aktuelle an Arztbriefen/ Befunden und die CDs mit PET-CT und nur CT hinschicken. Dann können sich schon Gedanken gemacht werden, wie man am Besten an meine Metastasen rankommt, die liegen ja etwas tricky, sozusagen. So wird keine Zeit verschwendet, falls die DNA nicht im Blut nachweisbar ist.

Ich muss mein Testament machen. Dringend. Wir haben deshalb auch einen Termin morgen zur Beratung.

Und die Bestrahlung morgen muss ich absagen. Herrje!! Mist, vergessen!
…. …. (ein paar Minuten später) ….. So, erledigt. Das ich so vergesslich bin!!!

Mählanie, unser Rasenmäher, fährt nach gutem Zureden wieder über den Rasen. Sie verschanzt sich neuerdings gern in Ecken und faulenzt. Einige Steine sind offenbar etwas im Erdreich versunken und sofort ruht sie sich drauf aus. Aber nun fährt sie und ist fleißig.

Ich werde das auch sein jetzt. Yoga steht noch auf dem Programm und der große Spaziergang nachher mit T. und vor allem die Meditation. Wenn die blöden Dingen schon alle da sind, sollen sie wenigsten die Füße still halten und sich ducken, klein bleiben. Ich muss sie dazu noch weiter motivieren.

Sonntag

Hallo verehrte Leserschaft, ich hoffe, ihr versteht, wenn ich manchmal etwas konfus schreibe. Oder selten schreibe. Doch ich denke, ihr versteht. Im letzten Beitrag habe ich eine der Meditationen in Kurzform versucht zu beschreiben. Das ist schwierig und ohne Form und damit ohne Worte. Ich bin weder Christin noch Muslima noch gehöre ich einer Sekte an. Ich zähle mich nicht zu den sogenannten esoterischen Spinnern oder nur esoterisch oder wie auch immer das alles genannt wird.
Es ist anders und völlig müßig, über diverse Namen von Gott, Allah oder anderen Göttern zu streiten. Es ist alles dasselbe. Und ob damit etwas wie ein Gott gemeint ist oder meinetwegen auch Allah, also eine Person, ist ohnehin nicht das Wesen des Ganzen. Es ist keine Person. Personen waren die Propheten wie Jesus oder Mohammed, der Dalai Lama und all die ungenannten, die die wahre Verbindung in unserem Universum, das Sein, erkannt haben.
Sie hatten die Erkenntnis. Wissen ist nicht dasselbe wie Erkenntnis. Ich kann alles wissen über etwas, eine Krankheit oder die Formeln von Wasser und der Schwerkraft. Aber die wahre Erkenntnis einer Erkrankung hat nur der Kranke und wahres Erkenntnis über Regenwasser haben nur diejenigen, die es regnen lassen können.

Doch etwas gibt es, eine Kraft, eine Energie. Diese Energie verbindet uns alle, sind wir alle. Das ist es, was ich spüre. Es ist in mir, ist mein Geist, mein wahres Ich, mein Sein. Es ist kein Glauben, es ist eine Gewissheit. Ich will auch niemanden überzeugen, ich erzähle nur. Wie das von anderen gewertet wird, ist mir völlig egal. Ich weiß, wie es mir damit geht.
Ich zahle niemandem Geld. Ich habe drei Bücher gelesen, Bücher der Besten auf dem Gebiet. Es gibt Massen auf dem Markt. Alle die, die behaupten, ihr Weg sei der einzig wahre, liegen falsch. Alle die, die behaupten, wenn man sounso viel Geld zahlt und dann geheilt wird oder zu Gott oder wohin auch immer findet, sind falsch. Alle die, die sagen, der Weg führt nur über sie oder sie sind die Meister, die Gurus, liegen falsch. Insofern schränkt sich die Auswahl schon mächtig ein.
Manche Leute benötigen sicherlich eine Anleitung, wie sie in sich selbst finden. Es ist auch nicht so leicht, doch wenn man es weiß und kann, ist es leicht. M. lachte, als ich sie fragte, wie ich es machen soll. Es sei so leicht. Und ich wüsste es. Ich müsste nur machen.

Und sie hat Recht. Ich weiß es. Manchmal kann ich es auch. Ich übe und werde mich finden, mein wirkliches Selbst, mein Sein. Ich bin davon überzeugt, dass dies der Schlüssel zur Heilung ist. Ich habe fast mein gesamtes Leben auf das Außen und nicht auf das Innen geachtet. Auf das sogenannte Leben, welches wir hier führen. Auf die Geschehnisse in meinem nahen und fernen Umfeld, auf die weite Welt, auf kleine Dinge, auf meine Familie. Auf meinen Mann und meinen Job und auf Kollegen und wer weiß wen. Ich achtete auch auf mich, aber nicht auf mein wirkliches Ich. Das finde ich nur tief in mir verborgen.

Ich habe gedacht. Immer gedacht. Mein Verstand hat mich beherrscht, so wie er fast alle Menschen auf der Erde mittlerweile beherrscht. Der Verstand ist unser Ego und das Ego will befriedigt werden. Es ignoriert jede Verbindung in unser Innerstes, weil das Ego dann nichts mehr zu sagen hat. Und es ignoriert jede Verbindung zur nährenden Natur. Der Verstand hat die Menschen ergriffen und gaukelt ihnen etwas vor. Er will Macht und ist gierig. Nicht umsonst zerstören wir unsere lebensnotwendige Umwelt, nie wurde derartig hässlich gebaut. Nie wurden derartig viele unserer eigenen Art umgebracht wie im 20. Jh. Nie wurde derartig gnadenlos nur der Profit gesehen.
Doch ich will dieses Thema gar nicht ausbauen.

Ich bin nicht wichtig. Es mag den Anschein haben, das ich dies anders sehe, mich zu sehr beachte und womöglich gar in Selbstmitleid gefangen bin. Dem ist aber nicht so. Natürlich bin ich mir wichtig und natürlich bin ich als mitteleuropäisch erzogener Mensch auch ein wesentlich größeres Individuum, als dies Menschen anderer, insbesondere östlicher Kulturen sind. Doch ich weiß, dass es nie um mich ging und auch jetzt nicht geht. Ich bin verbunden mit anderen und deshalb ist es wichtig für mich zu wissen, wer ich bin.
Ich weiß, dass ich noch eine Aufgabe habe, eine Aufgabe hier auf Erden. Wirkliche Aufgaben haben nichts mit einem selbst zu tun. Einige Menschen erkennen sie früh und handeln danach. Andere erkennen sie nie oder aber auch spät.

Wir sind alle verbunden miteinander. Alle Menschen und alles in der Natur. Wissenschaftler finden immer mehr heraus, auch das, was unter Mystik läuft. Es gibt keine Mystik. Doch letztlich ist nicht alles geklärt, was nicht heißt, dass es das nicht gibt. Einsteins Theorien konnten zum Beispiel jetzt erst zum Teil erklärt werden. Die Quantenphysik ist ein faszinierendes Forschungsgebiet, welches genau dieses alles beginnt zu erklären.

Doch wie gesagt, ich will niemanden überzeugen, ich will nur kurz erklären. Mein sehr analytischer und schulmedizinisch-wissenschaftlich geprägter Vater meinte vor etwa einem Jahr, es sei wohl so, dass man sich derlei zuwendet, wenn man todkrank sei. Ich hätte das schon viel früher machen sollen. Ich habe immer gewusst, dass es etwas außerhalb unseres Verstandes geben muss. Doch ich habe es in meinem vorherigen Leben verpasst, mich intensiv damit zu befassen. Schade, erst jetzt, aber besser spät als nie.

Die Schulmedizin, die personalisierte Medizin, welche bei mutationsbedingtem Lungenkrebs so große Fortschritte gemacht hat und das Leben von im Durchschnitt einem auf fünf Jahre verlängert, wird mir helfen, die notwendige Zeit zu bekommen. Ich bin unsagbar glücklich, dass die Therapien schon so viel können und ich gedenke, alles zu nutzen, was es gibt und diese Jahre entscheidend zu verlängern. Ich werde lernen, mit den wechselnden Therapien und Mutationen und dem vorhandenen Krebs zu leben, die aufkommende Angst zu beseitigen und wirklich zu leben, jeden Tag. Und ich werde in dieser Zeit lernen, diese Kraft, die gewaltige Energie in mir zu aktivieren, sie zu sehen, zu fühlen und nicht mehr durch meinen Verstand zu blockieren.

Dieses Wissen macht mich glücklich.
Das Gefühl zu Sein macht mich glücklich.

Und den Skeptikern unter den Lesern sei der Gedanke vorweg genommen: Na, dann denkt sie wenigstens mit all diesem Quatsch, sie hat eine Chance und es geht ihr gut damit. Ja, lieber Skeptiker oder liebe Skeptikerin, das kannst du gern denken. Vielleicht hast du Recht. Aber du denkst zu viel.

Der Trick ist, nicht zu denken.
Nur zu fühlen. Und dieses Gefühl ist pures Glück. Völlig egal, was kommt, denn ich lebe ja jetzt. Nicht dann, wenn irgendetwas kommt.

Ich lebe jetzt.

Sonnenschein

Heute geht es mir besser.
Besser als an den anderen Tagen. Ich kann wieder lächeln und habe Lust, etwas zu tun.
Morgens fing es gleich schön an. Frische kühle Luft streichelte mein Gesicht und ließ mich wissen, dass es ein schöner Tag wird. Unter der warmen Bettdecke war es weich und kuschelig. Ich mag diese Differenzen- Wärme am Körper und Eiseskälte im Gesicht. Meine Augen hielt ich geschlossen, sie waren ohnehin völlig festgeklebt, aber taten nicht weh. Neuerdings nehme ich eine Salbe für die Nacht, da geht oft es besser. Aber ich wollte ja nicht im Schlafzimmer herumgucken, da gab es nichts zu sehen. Ich höre. Und ich spüre. Hörte das Tatütataa von einem Rettungswagen. Es mussten schon viele Autos unterwegs sein, obwohl sie neuerdings auch nachts ohne Verkehr mit diesem infernalischen Krach durch die Stadt fahren. Das Geräusch blendete ich aus. Ich lauschte dem Wind und den Wildgänsen, welche gern nachts und auch noch in den frühen Morgenstunden unterwegs sind. Warum schnattern sie immerzu? Unterhalten sie sich über den Weg oder das, was sie unter sich sehen? Natürlich können Tiere sprechen. Sich untereinander mitteilen. Wir Menschen verstehen es nur nicht und in unserer Arroganz verurteilen wir sie dafür, degradieren sie und sehen Sprache gleichbedeutend mit Kommunikation und stellen uns damit über sie. Ich liebe das Geschnatter der Gänse. Und das Trompeten der Kraniche, aber die sind schon neulich, als wir im Urlaub waren, weitergezogen. Plötzlich war dort Stille. Und der Acker leer. Theoretisch müssten noch die aus Skandinavien kommen. Dieses Jahr blieben sie dort länger, da es so starke Ostwinde gab und sie deshalb nicht über die Ostsee flogen. Woher wissen sie, dass es dann gefährlich wird für sie? Das Wetter hat sich geändert, vielleicht kommen sie ja jetzt.

T. musste heute alleine frühstücken. Er gab mir vor seiner Abfahrt einen Kuss, warm und weich. Voller Liebe.
Ich lächelte, dreht mich später auf den Rücken und ging in mich.
Ich blendete alles aus. Alle Geräusche, das plötzliche Jucken auf meinem Kopf, die Gedanken an Krebs & Co. (obwohl das immer am leichtesten ist seltsamerweise), das kuriose Drücken der leichten Daunendecke am rechten Fuß- alles blendete ich aus und ging tief in mich. Ich erspürte meinen Atem, die Bewegung des Brustkorbes und der Bauchdecke und ging tiefer hinein. Meine Aufmerksamkeit richtete ich in meinen Brustkorb, zum Energiezentrum des Herzens. Ich spüre die Wärme dort, sie breitet sich aus, pulsierend. Das ist das Leben und es leuchtete vor meinem Auge. Glück strömte durch mich hindurch und ich beobachtete es, ließ geschehen. All meine Aufmerksamkeit blieb tief in mir.
Ich bin in mir.
Mein Sein ist in mir.
Ich spürte eine angenehme Wärme und mein Körper fiel tief, es drehte sich vor meinen Augen, ich sah Lichter.

Ich bin Sein.

Die Wärme fließt durch mich hindurch, lebendige Wärme, alles ist verbunden und doch aufgelöst. Mein Körper löst sich auf. Vor mir erscheinen Kreise, immer mehr Kreise und Funken, sie gehen ineinander über, goldene Formen bilden sich, alles fließt und leuchtet in mir unbekannten Farben, Worte fehlen, aber ich beobachte auch nur und falle in mir zusammen, es stülpt sich das Außen nach Innen und alles vermengt sich. Gesichter erscheinen an der Seite, drängen zur Mitte, nirgends ein Rand oder ein Ende, alles ist endlos, seltsame Gesichter, manche sind Fratzen, verzerrt bis zur völligen Verzerrung ihrer Selbst. Die Fratzen haben Farben und verschwimmen in den goldenen überirdischen Lichtern, die ich bin. Die Farben werden blasser und verschwinden in einer immer schneller werdenden Fall von allem in alles. Es wird dunkler und ich falle in eine vermeintliche schwarze Tiefe, eine Art Tunnel, ein Strudel, es erdrückt mich und ich merke, dass ich keine Luft hole. Alles fließt und ist still, in der Ferne rauscht der Verkehr, mein Körper liegt warm im Bett oder ist das Bett, alles ist eins und meine Arme und Beine sind verwoben mit der Umgebung, formlos, grenzenlos, warm. Kein Anfang und kein Ende. Glück. Keine Zeit. Schwärze. Mir wird übel, ich stürze in die Tiefe über mir hinab und das Gefühl, würgen zu müssen, weil etwas Finsteres aus mir herauskommt, wird übermächtig. Kein Oben und kein Unten. Alles ist eins und alles verwoben und miteinander ineinander. Dann ist schwärzeste Finsternis um mich herum. Ich weiß, dass ich da durch muss, aber es ist grauenvoll. Goldenes Licht schimmert hindurch. Da will ich hin. Ich will, das ist ein Gedanke. Verstand verschwinde! Keine Gedanken! Irgendwann müsste ich Luft holen, ruft es in mir, und ich fliege zurück, ich werde förmlich gezogen und ziehe mich in die Länge, verbunden mit allem um mich herum, mein Ich verwoben im Licht um mich. Vor mir dreht es sich, das goldene Licht wird ferner. Die Schwärze verschwindet. Mein Bett wird mein Bett und mein Körper liegt darin, die Decke warm und kuschelig. Ich hole Luft. Tief Luft. Die Übelkeit ist fort.
Vorsichtig strecke ich mich. Mein Körper fühlt sich gut an.

Ich finde den Weg.
Ich finde ihn.

Mittlerweile ist es Mittagszeit. Draußen scheint die Sonne. Wäsche trocknet auf der Leine und ich werde nachher zu T. fahren und gemeinsam werden wir den Strand besuchen, nach dem Sturm vorgestern sieht er bestimmt ganz anders aus. Ob ich einen Hühnergott finde?

Ich habe einen Anruf von den Spezialisten gehabt. Ich werde diese gräßlichen Kreuze auf meinem Thorax wieder abmachen und mich jetzt nicht bestrahlen lassen. Ich werde zu Prof. L. nach HH fahren, und ich werde mich um einen Biopsietermin kümmern. Bisschen riskant sicherlich, so eine Biopsie, aber vielleicht ja nur ein bisschen. Wenn das Risiko überschaubar und der Punktierer ein Profi ist, werde ich es machen lassen.
Es gibt Hoffnung.

Die Röhrchen sind immer noch nicht da. Es liegt an der Post.
Aber ich kann jetzt warten. Bzw. ich warte und werde das Wetter und mein Leben genießen. Die letzten Tage waren echt beschi….., doch so gelähmt will ich nicht leben. Aber es ist auch nötig, derlei schwarze Tage zu durchleben. Ich klettere jetzt wieder aus diesem Tal hinauf und nehme den Kopf aus dem Sand.

Vogel Strauß sein bringt nichts.
Ich schaue nach vorne und folge meinem Blick.

keine leuchtenden Vorbilder

Mir ist übel. Mein Magen ist fest im Klammergriff. Ich versuche immer wieder, diese Übelkeit zu überwinden. Es gibt da verschiedene Wege.

Ich höre ihr zum Beispiel zu und stelle Fragen:

Warum sitzt du in meinem Eingeweiden und machst mir das Leben schwer? Ich lebe doch.
Bist du Angst? Angst ist unnötig und unnütz. Sie hilft gar nicht. Angst lähmt und nimmt in Besitz.
Bist Du die Angst vor dem Tod? Es stirbt doch nur der Körper, dieser Körper hier, den ich anfassen und spüren kann. Mein Innerstes stirbt nicht, es geht nur weiter, dorthin, wo es her kam. Ich war schon dort. Zweimal. Es ist wunderschön und bar jeder Beschreibung. Ein Gefühl ohne Worte. Worte verfestigen es in Bilder und Formen. Es ist anders.
Bist du die Sorge, dass meine Lieben hier auf Erden in diesem Leben verlassen werden, traurig sind, damit schwer klar kommen? Dass ich sie enttäusche, weil ich es nicht schaffe? Dass ich sie unglücklich mache?
Bist du die Angst vor Verlust? Ich kann alles loslassen. Glaub ich. Aber ich mag nicht. Ich will dieses Leben hier nicht loslassen.
Willst du mich behindern? Ich will mich nicht behindern lassen. Ich bin nicht gefangen.
Kommst du von meinem Verstand? Der reicht mir. Der will mich verrückt machen, der Verstand. Ich will mich aber nicht verrückt machen lassen.

Wenn die Übelkeit fort ist, habe ich Hunger. Heute früh zum Beispiel habe ich den Frühstückstisch angesehen, T. hatte ihn für mich stehen lassen. Ich hatte überhaupt keinen Appetit oder Hunger. T. musste früh raus und da ich heute wieder an Tag 1 Giotrif nehme, konnte ich noch nicht mitessen, da ich sonst eine Stunde früher hätte aufstehen müssen, also halb Sechs Uhr, um die Tablette einzunehmen. Ganz so enthusiastisch bin ich mit dem Frühausstehen doch nicht. Aber ich habe mich kurz zu ihm gesetzt, will ihn sehen, jeden Morgen. Wer weiß, wie viel Morgende es noch gibt.

Danach habe ich eine Mail geschickt, eine Zweitmeinung eingeholt, obwohl es genau genommen eine Dritt- oder Viertmeinung ist. Doch der Reihe nach:

Montag habe ich in der Strahlenklinik angerufen, ich wollte nach dem PET-CT-Befund fragen. Selbiger wurde mir zwar auch per Post zugesandt, aber das dauert ja…. Die Sekretärin sagte Bescheid, Rückruf würde nachher erfolgen. Der Befund wäre da und eingescannt. Aha.
Es verging eine Stunde.
Eine zweite Stunde.
Ich habe gestrickt und irgendwas Blödes im Fernsehen geguckt. Das mach ich sonst nie. Aber warten ist eine komplizierte Sache. Jedenfalls auf solche Nachrichten. Die eine Metastase in der Lunge würde ich wegbrutzeln lassen. Was, wenn es mehr wären???

Die dritte Stunde verging. Der Film war vorbei. Mittagszeit. Jeder Mensch braucht Pausen. Ärzte auch.
Bumm bumm. Bumm bumm.
Nach vier Stunden rief ich noch einmal an. Egal, was die denken. Ich muss das wissen. Die nette Frau H. wollte verbinden, da rief mich Frau Dr. K. an, es ging hin und her und am Ende sprachen wir uns.
Frau Dr. K. war sehr freundlich und lieb. Und sie war erstaunt, dass ich den Befund nicht kannte. Ja, woher denn? Na egal. Also ich hätte da ja zwei Herde und nun müssten wir überlegen …..
Also zwei Metastasen.
Zwei leuchtende Metastasen.
Irgendwie verwandelte sich die Nachricht. Sie drang ins Ohr, aber dort ist ja kein Ort für Nachrichten. Also wanderte sie zum Hirn, aber dort war alles verbarrikadiert. Nach oben ging es nicht weiter, also hinab. Irgendwo muss sie ja abgelegt werden. Am Hals? Da war es zu eng, außerdem fing es dort gleich an zu würgen, das ging gar nicht, dann flog sie vermutlich gleich wieder raus, also rasch tiefer. Ich konnte wieder Luft holen, das Würgegefühl ließ nach, ich schluckte. Die Nachricht rutschte flott in den Magen und landete dort etwas unsanft. Sie wog schwer, sehr schwer. Aber hier konnte sie erstmal bleiben. Fand sie und dehnte sich wohlig aus, entpackte ihre ZIP-Datei, wuchs damit und wurde immer schwerer.

„Hallo? Sind sie noch da?“
„Ähm, ja… ich hab sie grad nicht so verstanden…. können sie bitte nochmal wiederholen?“
„Ja, also wir könnten die bestrahlen …. ….“

Die eine ist die, die auch im CT in der Lunge zu sehen ist und die ich erwartete hatte zu sehen. Im Nachgang war sie schon im Juni 2019 minimal leuchtend, als Schläfer sozusagen, wenn wir mal im Spionagejargon sprechen. Oder ist das hier unpassend? Sie wurde seinerzeit als zu mickerig für eine Pathologie nicht einmal beschrieben. Doch ich hatte ja nicht nur die unterm Schlüsselbein damals im Juni, sondern diverse andere dazu gehabt …. allesamt irgendwo im Mediastinum verteilt, also in dem Bereich von Aorta und Speiseröhre und allen wichtigen Leitungen im Körper. Zu dieser Gruppe gehört die zweite Metastase jetzt. Praktischerweise liegt sie gleich neben der Speiseröhre am Aortenbogen (das ist eine große Krümmung der großen Hauptschlagader, welche vom Herz kommend den Körper mit sauerstoffreichem Blut versorgt). Im normalen CT ist sie fast unsichtbar, nimmt kein Kontrastmittel auf. Aber sie leuchtet im PET-CT und das größer als vor 16 Monaten.
Unübersehbar.
Strahlend.
Nicht unbedingt schön.

T. und ich gehen jetzt immer fest aneinander geklammert spazieren, auch durch den Sturm gestern. T. hat Angst. Und Sorgen. Und weint. Zum Glück kann er weinen. Das ist gut.
Und zum Glück können wir beide noch gut schlafen, aneinander gedrückt. Ich liege in T. Armen, er hält mich fest und wenn meine leisen Tränen auf seinen Arm fließen, flüstert er mir ins Ohr „ich lass dich nicht allein.“

Doch zurück zu den harten Tatsachen. Es gibt es folgende Meinungen:
Die Strahlenleute sagen, alles bestrahlen. Die Speiseröhre geht dabei natürlich kaputt, da sie quasi mitten im Feld liegt. Und ich ja schon vor zwei Jahren so sensibel reagiert habe. Das ließe sich nicht vermeiden.
Die hiesige Onkologin sagt das auch. Bestrahlung. Aber zuvor eine Blutentnahme zur Suche nach Tumor- DNA. Manchmal findet sich diese und dann lässt sich eventuell die neue Mutation T790m nachweisen. Dann könne ich das Drittgenerationspräparat der TKI´s bekommen. Jetzt habe ich das der zweiten Generation. Die gute Nachricht dabei ist, dass es besser verträglich ist und auch im Hirn besser wirkt als das Afatinib (=Giotrif) der zweiten Generation. Die weniger gute, dass die Tumorzellen da noch schneller resistent gegen werden, also mutieren. Eine Folgepräparat ist noch nicht zugelassen, soweit ich weiß. Es gibt dann noch so dit un dat, bisschen Chemo und Immuntherapie, aber das wirkt nicht wirklich. Glaub ich. Die schlechte Nachricht ist, dass es nur als Erstlinienmittel oder bei nachgewiesener Mutation zugelassen ist. Wenn also im Blut keine entsprechende DNA gefunden wird, zahlt die Kasse nicht.
Das heißt nicht, dass keine Mutation da ist. Das heißt nur, dass sie im Blut nicht nachweisbar ist.
Weshalb der Hamburger Onkologe sagt, nicht bestrahlen lassen, bevor der Befund da ist und dann eine Biopsie machen lassen in einem der beiden Metastasen. Das dürfte völlig problemlos sein. Ein Picks und saugen oder stanzen oder so und fertig.
Bei dem Ding in der Lunge kann diese allerdings kollabieren, wenn man da reinpickt. Dann wird es etwas knapp mit dem Sauerstoffaustausch bei mir, habe ja nur eine Lungenflügel. Kollabiert eigentlich immer gleich der ganze? Ich weiß das gar nicht mehr so genau. Bei meiner Mutter ist das passiert vor 1,5 Jahren inklusive Lungenblutung. Aber sie hatte noch diverse Reserven an Lunge, obwohl diese schwer erkrankt war. Passiert aber nicht immer. Nur manchmal.
Bei dem Biest zwischen all den lebenswichtigen Gefäßen geht man wohl wieder durch die Speiseröhre. Oder? Ob das wieder 5 Stiche sind an einer Stelle?

Aber erstmal heißt es warten auf die Deutsche Post. Oder den Kurier. Theoretisch sollten die Röhrchen heute kommen. Ich hätte vielleicht doch besser nach Hamburg fahren sollen, das ginge schneller.

Die Mail heute früh ging noch an andere Experten, mit denen ich über den Verein ohnehin in loser Verbindung stehe. Gibt es noch eine andere Möglichkeit? Studien? Oder eben doch schon das andere Mittel, nur früher als in ein paar Wochen?

Danach, also nach der Mail an die Experten, habe ich heute früh erstmal gefrühstückt und versucht Zeitung zu lesen. Corona „wütet“ in Deutschland, die zweite Welle ist da. Aha. Ist das so? Die Zahlen der Infizierten steigen, die der Kranken minimal auch. Die Tourismusbrache geht Pleite. Leute rauben und werden ausgeraubt. Irgendwer hat was wichtiges gesagt. Hochwasser war gestern am Hafen, Touristen freuten sich an der fliegenden Gischt. Trump hat viele Anhänger und warum er trotzdem ein Idiot ist … oder so ähnlich ….

Wenn ich bei Wünsch-Dir-Was wäre, würde ich mir eine Möglichkeit wünschen, die einige Jahre schenkt. Ich möchte so gern noch hier bleiben. Bei meinen Mädels und T. und meiner ganzen Familie. Aber ich selbst möchte auch für mich hier bleiben. Ich schreibe an meinem Buch, das dauert noch. Ich möchte so viel Kraft haben, dass ich anderen Menschen noch Gutes tun kann. Ich bin jemand, der heilt. Andere jedenfalls. Und ich möchte noch all das Schöne sehen, möchte leben, Dinge erleben, Oma werden und sein. Das Frühjahr erleben.
Ich möchte noch meine Wanderung machen. Davon träume ich schon so lange. Früher wollte ich dies als Wanderritt unternehmen. Auf meinen Pferd quer durch Europa. Dafür hatte ich mir Alaska gekauft. Später, also jetzt, in diesem Leben, wollte ich nur noch wandern, auf meinen Füssen, gern auch allein. Durch die hiesigen Wälder, unter richtigen Bäumen. Hier in Mecklenburg gibt es wundervolle Buchen- und Mischwälder, richtige Wälder, keine Plantagen voller trockener Fichtenmonokultur. Dafür habe ich trainiert, sozusagen. Wir gehen jeden Tag unsere große Runde, oft um das Moor mit hügelrauf und den Hügel wieder runter. Wir sind im Urlaub länger durch den Wald gegangen. Ich fahre Fahrrad…. Aber oft geht das nur begrenzt. Ich kann nicht einmal eine 1kg- Wasserflasche tragen, ohne davon Schmerzen zu bekommen und noch mehr k.o. zu sein. Und ich bin lange k.o. danach.
Seitdem ich so eine hochmoderne Uhr trage, welche ich zum Geburtstag bekam, weiß ich auch warum. Waldspaziergang in Ruhe: Herzfrequenz um 110/min im Durchschnitt einer Stunde. Waldspaziergang über Stock und Stein etwas abseits der Wege: HF um 120/min mit Spitzen von 135/min, nie unter 100. Da darf ich dann auch etwas groggy sein, auch wenn es in Summe nur 2-2,5 Stunden waren, die wir im Wald verbrachten.

Ich wollte das.
Ich will das immer noch.
Ich will nicht eine chronisch kranke schlappe lahme alte Ente sein.
Ich will überhaupt nicht krank sein.
Und ich will nicht immerzu so müde sein. Weder körperlich noch geistig.

Momentan bin ich allgemein müde. Ich mag nicht denken und ich mag nicht planen. Ich weiß nicht, was ich allen sagen soll. Meinen Kindern. Kommt trotz Corona? Dieser gottverdammte Virus noch dazu.!!!!!!! Sie wollen mich nicht infizieren und irgendeine Schuld auf sich laden. Da kann ich noch so viel reden, dass sie keine Schuld haben. Besonders P. macht sich da große Sorgen. Aber sie weiß es noch gar nicht, sie hatte Prüfungen. Das ist wichtiger. Ich sag es ihr nachher.

Was mache ich jetzt??? Bestrahlung wäre nächste Woche Mittwoch als Beginn. Lass ich das? Bringt das überhaupt was? Also mehr als einen Monat oder so.

Oder warte ich dass ganze Ergebnis jetzt ab, also mit der DNA, mache vor irgendwelchen Picksen noch mein Testament, schnappe mir das allerletzte Geld und T. und fliege nach Südafrika. Dorthin wollten wir immer mal, gemeinsam. Hatten schon im Frühjahr überlegt. Und wenn ich da tot umfalle, weil irgend so ein Scheiß Ding in meine Aorta gewachsen ist oder mir was abklemmt, dann ist es eben so. Und wenn das neue Mittel hilft, ist es gut. Dann komme ich ja zurück. Es hilft ohnehin nur eine begrenzte Zeit. So heißt es. Oder?

Oder ich fliege alleine fort. In ein tibetisches Kloster. …… finde mich dort

Oder aber ich gehe wieder mehr in mich, in mein Innerstes. Schließe jeden Gedanken aus, finde meinen Geist, mein Ich, meinen inneren Körper, bin ganz dort und ganz mit allem verbunden. Und heile mich. Zuvor muss ich nur durch grauenhafte schwarze Untiefen, eine unbeschreibbare Übelkeit und Schwindel überwinden, meinen Verstand völlig rauslassen. Mein ach so aktiver bescheuerter Verstand.
Nicht denken. Nicht ein bisschen denken. Nur Bewusst sein.
Sein.

Ich bin weil ich bin. Ich bin Sein.

Schaffe ich das alleine? Ich muss durch die Dunkelheit.

Heute Nacht habe ich geheult.
Das erste Mal richtig. Laut. So gut das mit meiner Stimmer geht. Aber ich fühlte es laut.

Warum???

Tick tack, tick tack … …

Ich schreibe zu selten. Glaube ich. Wer weiß, ob das wichtig ist hier, aber was genau ist wichtig?
Das Ding mit dem Bloggen hier ist, das ich dann immer meine Gedanken aufschreibe und ich versuche doch, weniger zu denken, jedenfalls was meine Person angeht. Ich versuche, nicht alles zu denken, zu zerdenken, sondern mehr zu fühlen, zu spüren, mich zu spüren, mein Innerstes. Und ich kann das.
Ich weiß.
Wenn Gedanken Worte werden und Worte geschrieben, werden sie ein Bild und Bilder haben eine Form und Formen bestimmen uns zu sehr. Wir Menschen neigen dazu, alles in Formen zu pressen, es muss „passen“, was auch immer „es“ ist und wohin es auch immer passen muss. Müssen muss man ohnehin nur auf ein gewisses Örtchen, der Rest kann und darf und möchte oder will und manchmal soll er auch, aber muss man wirklich so vieles? Nein.
Wenn ich hier schreibe, werde ich mir bewusst, dass ich über mein anderes Leben schreibe, mein Leben danach, mein jetziges Leben. An sich ist das ja eine tolle Sache, im Hier und Jetzt zu sein. Doch letztlich setze ich mich mit dem Warum auseinander, mit der Frage, warum ich hier in diesem Jetzt bin, anstatt mein Leben zuvor zu haben und eben anders zu leben als ich es jetzt tue. Es ist immer etwas anders und erinnert mich, zum Beispiel früher konnte ich eben ohne und jetzt nur mit schwerer Atmung durch den Wald entlang von Tierpfaden pirschen.
Doch ich schweife ab, werde konfus. Wobei das mit dem Wald durchaus stimmt, es war heute. T. und ich haben uns verkrochen, das heisst, ich habe mich verkrochen und T. mit gezerrt- er ließ sich gern zerren- ins tiefste Mecklenburger Land, wo es nur Stille gibt (sofern Deutschlands Jagdflieger nicht grade üben), weite hügelige Wiesen und Mischwälder mit uralten Buchen und Eichen. Verwunschene Weiher scheinen wie das Tor in eine Welt voll Waldgeister und Nymphen. Und wenn wir lange genug verweilen, aneinander gelehnt im Einklang atmend, regungslos verschmolzen miteinander und mit dem Baumstamm, auf dem wir rittlings sitzen, dann erwacht der Wald um uns herum. Eine Meise hüpfte immer dichter, den Kopf neugierig geneigt, Spechte hackten wild auf die Stämme ein, andere Vögel flatterten im Geäst und der Eichelhäher war sogar still und schien uns zu akzeptieren. Ein Fisch im Weiher sprang empor und hinterließ winzige Kreise auf der Wasseroberfläche, die sich an den vom Baumstumpf überhängenden Gräsern brachen.

Stille.
Ruhe.
Abgesehen von den Heerscharen von Kranichen.
Alle fern vom wahren Leben.

Selbiges hat mich ein bisschen zu viel im Griff gehabt in der letzten Zeit. Mir war alles zuviel, obwohl rückblickend gar nix war. Weiß auch nicht ….. Werde eine Pimpinella. Meine so ersehnte wirkliche Ruhe trat nicht ein, obwohl ich im Grunde nicht meckern kann. Na, etwas vielleicht.
Zum Glück hat sich der dringende Verdacht auf Lungenkrebs meiner Mutter (die nie auch nur eine Zigarette geraucht hat!, also noch so ein seltenes Ding in der Familie???) nicht bestätigt. Ich bin sooo froh!
Einiges an finanziellen Sorgen wurde auf später verschoben.
Ich war wieder in der Klinik in Thüringen für eine Woche.
Es gab auch viel Schönes, wie der Besuch der Mädels Anfang September, eine tolle Geburtstagsparty Mitte des Monats und letzte Woche war F. noch einmal da.
Ich habe viel für den Verein gemacht, das war echt anstrengend, aber wir haben wohl die Webseite fertig, also den Inhalt, die Seite macht eine Agentur. Sie wird gut, richtig gut.
Mich strengt das alles an. Arztbesuche, immer zu etwas machen, ach, weiß auch nicht…. mein Rücken, die Sch…. Nebenwirkungen vom Giotrif…. ich merke, wie mich das krank macht, wie mein Körper diese Entzündungen hat überall und er sich aber auch wieder erholt in den Pausen und mit all dem Zeugs, was ich so nehme. Es ist ein auf und ab. Das „Zeugs“ soll auch gegen Krebs wirken. Vor allem gegen Krebs. Morgens, mittags, abends. Vor dem Essen und nach dem Essen … …Da heißt es aufpassen! Nervt alles.

Manchmal mag ich nicht mehr. Will eine andere Art der Normalität. Keine Zeitrechnung vor allem.
Tick tack.
Zeit für Tabletten.
Zeit irgendwas zu tun.
Zeit für die CT- Kontrolle.
Ich möchte raus aus der Zeit.
Alles sollte kommen, wann es an der richtigen Zeit ist. Nicht zur Unzeit. Krebs zum Beispiel. Passt zwar nie, aber es gibt ganz besonders unpassende Zeiten. Noch unpassender als sowieso. Aber Krebs ist vermutlich zeitlos.

Ich bin aus dem Rhythmus gekommen, aus meinem Rhythmus. Yoga wurde unregelmäßig und auch das Meditieren. Meine Verbindung brach ab, die Verbindung zu meinem Selbst, zu meinem Sein. Froh und glücklich sollte ich sein, dass ich einen Weg gefunden hatte dorthin, doch mein Verstand hat mich einfach zwischendurch überlistet. Es gab etwas zu tun. Was wichtiges. So sagte er und ich nahm mir nicht die notwendige Zeit. Mein Verstand ist mächtig und hat mich die meiste Zeit in meinem Leben beherrscht. Viel zu rasch fühlte ich mich wieder unter einem Zwang, etwas tun zu MÜSSEN, obwohl ich etwas ganz anderes für mich tun sollte/ wollte. Ich wollte aber nicht mehr so leben, schließlich bin ich so ja krank geworden. Andererseits waren nun einmal gewisse Sorgen da, ob ich wollte oder nicht. Ganz reale Sorgen und auch ganz reale Zeitabläufe.
Vielleicht sollte ich Vogel-Strauß-Politik betreiben.

Es kostet viel Kraft, die ich nicht immer habe, und Disziplin, um eingefahrene Gewohnheiten zu ändern.

Und nun wollte ich meine Ruhe, vielleicht mal wandern, nur für mich, 15 km am Tag, vielleicht würde ich das ja mal schaffen. Ganz ohne Gepäck, nur trinken und etwas zu essen, ich kann immer noch nichts tragen. Wandern im Dunstkreis von zuhause, so dass T. für den Notfall kommen könnte ….. Und meine Freundin Z. vielleicht ein bis zwei Tage mitkommen. Na mal sehen, ich übe ja jetzt.
Wandern ohne Zeit, einfach gehen, wie es kommt. Ein Schritt nach dem anderen.
Der Weg ist das Ziel. Irgendwo komme ich bestimmt an, aber das ist nicht wichtig. Da Gehen ist wichtig.
In Ruhe.

Nun sind wir hier in Groß B., es gibt wohl 10 Häuser oder nur 9 und im Gutshaus, da sind wir und noch ein paar andere. Natürlich alle coronafrei. Oder? Es ist ein kleines Gutshaus, ist ja auch ein kleines Dorf, ganz ohne Straßenlaternen, das tue nicht not, so hatten die Bewohner vor Jahren entschieden. Es ist dunkel hier, sehr dunkel, so richtig, wenn nicht gerade der Mond scheint und die Sterne leuchten am Firmament.
Eigentlich wollten wir nach Wien zu D. und unseren Nichten. Doch Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Risiko! Sehr schade, wir holen das nach.

Das mit dem Strich durch passt insofern auch ganz gut. Man muss es positiv sehen. Denn morgen habe ich PET-CT, wir fahren von hier aus hin. Ein bisschen Radioaktivität zur Sichtung eventueller weiterer Metastasen. Denn im CT zeigte sich eine, welche zudem wächst. Das Ding in den letzten beiden CT´s ist jetzt sicher eine Metastase. Also auf sie mit Gebrüll- ach nein, das kommt erst noch. Morgen nur kein Frühstück, Nadeln im Arm, still liegen für 90 Minuten, so richtig still, bisschen verstrahlt werden mit Radio- und Röntgenstrahlen, ein hoffentlich schickes keimfreies äh! metafreies Bild machen lassen und wieder herfahren. Wobei- metafrei geht ja nicht, aber wenn das die einzige wäre, wäre das schon cool. Noch ist sie kleiner als 1 cm, hoffe ich jedenfalls. Das CT ist ja schon 1,5 Wochen her.
Und all das, was ich so extra mache, hilft. Oder??? Sonst wären womöglich schon früher welche gekommen oder überhaupt mehr oder schneller gewachsen.
Oder so.
Hier muss eine MUSS hin. Kein bitte oder sollte oder sowas weiches. Hier kommt ein MUSS hin! Es muss helfen!

Eine Option ist es noch, den Kopf in den Sand zu stecken.
Oder doch lieber in den Himmel zu den Kranichen?